Newsletter Dezember 2024
2024-12-04
Durchflusszytomerie im Fokus: Präzision in der Diagnostik bei Lymphom- und Leukämiepatienten
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Lymphom und Leukämie sind eine der häufigen tumorösen Erkrankung bei Hunden. Wenn ein Hund mit Verdacht auf Lymphom oder Leukämie in Ihre Praxis kommt, wissen wir als klinische PathologInnen um die vielen Fragen, die Ihnen als behandelnde Tierärztin oder Tierarzt durch den Kopf gehen: Handelt es sich um eine reaktive Veränderung oder um eine maligne Erkrankung? Welche Art von Neoplasie liegt vor? Und welche Prognose hat die Erkrankung?
Mit der Durchflusszytometrie haben wir als einziges Veterinärlabor in der Schweiz ein leistungsstarkes Werkzeug in der Hand, das uns dabei hilft, hämolymphatische Neoplasien schnell und präzise zu diagnostizieren und zu differenzieren. Als minimalinvasive Methode erlaubt sie uns, spezifische Antigene an der Zelloberfläche und im Inneren der Zellen sichtbar zu machen. Auf diese Weise können wir nicht nur zwischen reaktiven und neoplastischen Lymphozytosen oder Lymphknotenveränderungen unterscheiden, sondern auch die Tumorart eingrenzen, um die Wahl einer gezielten und effektiven Therapie zu ermöglichen. Dies unterstützt Sie dabei, Ihre Patienten nicht nur optimal zu behandeln, sondern auch den Besitzern verlässliche Informationen zur Erkrankung und deren Verlauf zu geben.
In der Zusammenarbeit mit Ihnen als Praxispartnern verstehen wir es als unsere Aufgabe, Ihnen schnell eine gesicherte Diagnose zu Verfügung zu stellen. Daher wurden unsere durchflusszytometrischen Profile speziell für die häufigsten Fragestellungen in der Diagnostik von Lymphomen und Leukämien bei Hunden und Katzen entwickelt. Die wichtigsten Anwendungsgebiete der Durchflusszytometrie liegen in der Diagnose und Klassifikation von Lymphomen und Leukämien, dem Staging von Lymphomen, der Unterscheidung reaktiver und neoplastischer Lymphozytosen, der Abklärung mediastinaler Massen (Thymom versus Lymphom) sowie in der Beurteilung des Immunstatus bei Katzen mit einer FIV-Infektion (CD4:CD8 Verhältnis).
Welches Probenmaterial eignet sich zur durchflusszytometrischen Untersuchung?
Proben müssen frisch und zellreich sein, da Alterung oder geringe Zellzahl die Analyse beeinträchtigen. Für die Durchflusszytometrie können Proben aus folgenden Materialien eingesendet werden:
· Blut in EDTA
· Knochenmark in EDTA
· Aspirate von soliden Geweben (z.B. Lymphknoten) in Medium: Die aspirierten Zellen müssen in einem flüssigen Medium transportiert werden. Das Medium wird auf Anfrage von unserem Labor an Sie versendet.
· Körperhöhlenergüsse (z.B. abdominale oder thorakale Ergüsse) in EDTA
Bei der Aspiration von soliden Geweben ist folgendes zu beachten: Die Proben müssen eine ausreichende Zellzahl enthalten. Daher ist eine mehrfache Aspirationen aus z.B. dem Lymphknoten nötig. Eine ausreichende Zellzahl ist meist gewährleistet, wenn sich das Medium trübt.
Vor der Antikörperapplikation prüfen wir die Proben auf ausreichende Zellzahl und -qualität. Bei zu wenigen Zellen oder mehrheitlich lysierten Zellen wird keine Analyse durchgeführt. Die Tiere sollten möglichst vor der Probenentnahme nicht mit Chemotherapeutika oder Kortikosteroiden behandelt worden sein, da dies die Antigenexpression beeinflussen kann.
Die Durchflusszytometrie-Ergebnisse werden stets im Kontext der klinischen Informationen interpretiert. Für die bestmögliche Diagnose benötigen wir daher zusätzlich zu den eingesendeten Proben eine detaillierte Anamnese und:
· Bei Blutproben: Hämogramm und Blutausstrich
· Bei Knochenmark: Knochenmarkausstrich
· Bei Körperhöhlenergüssen: Zytologie-Ausstrich oder Ergussanalyse
· Bei Gewebeaspiraten: Zytologie-Ausstrich
Wir führen die Durchflusszytometrie von Montag bis Donnerstag durch. Wir bitten Sie Proben vorher telefonisch anzukündigen.
Die Resultate sind üblicherweise innerhalb von 48 Stunden nach Probeneingang verfügbar. Wir stellen einen vollständigen Bericht der durchflusszytometrischen Ergebnisse inklusive morphologischer Beurteilung der Zellen auf Blutausstrich, Knochenmarksausstrich oder Zytologie-Ausstrich bereit.
Bild 1: Durchführung der durchflusszytometrischen Untersuchung.
Der Nutzen der Durchflusszytometrie: Hund Bobby hat vergrösserte periphere Lymphknoten
Hund Bobby, eine 10-jährige männliche kastrierte Französische Bulldogge wird aufgrund chronischer Otitis in ihrer Praxis vorgestellt. Der Hund ist in einem guten Allgemeinzustand. Bei der klinischen Untersuchung bemerken Sie eine Vergrösserung mehrerer peripherer Lymphknoten. Sie veranlassen eine Blutuntersuchung und eine Lymphknotenaspiration. In der Blutuntersuchung fällt eine leichtgradige Lymphozytose auf.
Bild 2: Die Lymphozyten im Blutausstrich sind klein bis mittelgross mit geringen bis mittleren Mengen an hellbasophilem Zytoplasma, einem runden randständigen Kern mit feiner Chromatinstruktur und nicht sichtbaren Nukleolen.
Die Lymphknotenzytologie zeigt eine erhöhte Prävalenz kleiner bis mittelgrosser Lymphozyten mit einer handspiegelförmigen Ausziehung des Zytoplasmas. Dies kann auf das Vorliegen eines kleinzelliges Lymphoms (T-Zone Lymphom) hindeuten.
Bild 3: Lymphknotenpunktat: Erhöhte Prävalenz von kleinen bis mittelgrossen Lymphozyten mit einer handspiegelförmigen Ausziehung des Zytoplasmas. Das Lymphknotenpräparat zeigt eine tiefe Mitoserate.
Zur Diagnose eines T-Zone Lymphoms eignet sich die Durchflusszytometrie als eine schnelle, minimalinvasive und effektive Methode. Aufgrund der Anwendung mehrerer Antikörperkombinationen in der gleichen Probe, können detaillierte Aussagen zum Phänotyp der lymphoproliferativen Erkrankung gemacht werden. Ebenso kann parallel das Blut auf Infiltration untersucht werden.
Bild 4: Grafische Darstellung der durchflusszytometrischen Untersuchung des Lymphknoten mittels Punktwolkendiagrammen (Scattergramme). Die atypische Lymphozytenpopulation ist gekennzeichnet durch eine mittlere Zellgrösse (erhöhtes Vorwärtsstreulicht/FSC; linkes Bild), eine fehlende Expression des Panleukozytenmarkers CD45 (mittleres Bild), eine Ko-Expression von CD5 und CD21 (rechtes Bild).
Im Fall von Bobby wurde ein Lymphknotenaspirat in Medium und das Blut in EDTA mittels Durchflusszytometrie untersucht. Die Antigenexpression der Zellen in Lymphknoten und Blut (CD45 negativ, CD5 und CD21 positiv) bestätigte den Verdacht auf ein T-Zone Lymphom mit Infiltration im Blut.
Trotz der häufigen Infiltration ins Blut, zählt das T-Zone Lymphom zu den indolenten Lymphomen und betroffene Tiere zeigen oft keine Beschwerden. Die Prognose ist günstig und eine Behandlung ist meist nicht nötig. Regelmässige Kontrollen mittels Blutuntersuchung und Lymphknotenpalpation sind jedoch ratsam.
Innerhalb weniger Tage konnte Bobby somit eine abschliessende Diagnose erhalten.
Das Team der klinischen Pathologie des Veterinärmedizinischen Labors am Tierspital Zürich hilft auch Ihnen gerne zur schnellen Diagnosestellung bei Patienten mit Verdacht auf Lymphom oder Leukämie.
Bild 5: Das Team der klinischen Pathologie vom Veterinärmedizinischen Labor Zürich. Von links nach rechts: Dr. Julia Ginders (Dipl. ECVCP), Dr. Ilaria Cerchiaro (Dipl. ACVP), Dr. Verónica Mato-Martín (Residentin ECVCP), Dr. Marilisa Novacco (Dipl. ECVCP), Dr. Barbara Riond (stellvertretende Laborleitung), Dr. Regina Hofmann-Lehmann (Laborleitung, nicht abgebildet).