FIV-positiver Luchs - was tun?

2021-12-03

FIV-positiver Luchs - was tun?

Luchspopulationen in der Schweiz dienen als Quelle für Wiederansiedlungen des Luchses in Nachbarländern. In den Jahren 2016–17 wurden drei Luchse, welche aus derselben Gegend in der Schweiz stammen, positiv getestet für Antikörper gegen das feline Immunschwächevirus (FIV). Die Tiere waren im Rahmen des internationalen Translokationsprogramms untersucht worden, welches der Ansiedelung des Luchses in anderen Gegenden Europas dient. Das war der erste Hinweis auf eine FIV-Infektion beim Eurasischen Luchs, was verständlicherweise viele Fragen aufwarf. Woher stammt das Virus? Werden infizierte Luchse krank? Was soll mit diesen Tieren und allenfalls zukünftig FIV-positiv getesteten Luchsen passieren?

Die Untersuchung von bereits vorhandenen Serumproben von 2001–2016 von Luchsen wurden auch auf FIV-Antikörper untersucht. Sie waren alle negativ. Das bestätigte, dass die FIV-Infektion wirklich neu beim Luchs aufgetaucht ist.

Die drei FIV-positiven Luchse zeigten Krankheitszeichen, die auch bei FIV-infizierten Katzen vorkommen; auch hatten sie Infektionen mit anderen Erregern, was auf das Vorliegen einer Immunschwäche hindeuten kann. Alle Versuche das Virus zu isolieren und zu charakterisieren scheiterten. Aber die Daten der Antikörperuntersuchungen, sowie die Tatsache, dass alle drei Tiere aus derselben Gegend in der Schweiz stammten und somit Kontakt gehabt haben könnten, deutete darauf hin, dass es sich hierbei wirklich um eine FIV-Infektion oder eine Infektion mit einem nahe verwandten Lentivirus handelte.

Das Projektteam entwickelte daraufhin ein Schema, um potenzielle Gesundheitsrisiken durch eine FIV-Infektion für die Luchspopulation zu minimieren. Dies berücksichtig Aspekte wie die Erhaltung der Spezies, den Tierschutz aber auch den begrenzten Handlungsspielraums. Das vorgeschlagene Schema unterscheidet zwischen drei Szenarien: Freisetzung an der Fangstelle, Translokation oder Euthanasie. Bis April 2021 war bei den in der Schweiz neu gefangenen 40 Luchsen zum Glück kein FIV-Antikörper-positives Tier mehr dabei. Unsere Erfahrungen unterstreichen die Notwendigkeit FIV beim Screening auf Infektionserregern bei freilebenden europäischen Wildfeliden miteinzubeziehen.

Weitere Informationen können nachgelesen unter folgendem Link: Ryser-Degiorgis et al 2021. Der Artikel ist frei zugänglich in Englischer Sprache.

Abbildung aus der Publikation Ryser-Degiorgis et al 2021:
Karte der Schweiz mit der Lokalisierung der Luchse mit Antikörper gegen FIV (2001 bis 2021). Anti-FIV Westernblot-Resultate: Weiß: Keine Reaktion. Gelb: Nur p24-Bande (unspezifische Kreuzreaktion, frühe oder späte FIV-Infektionsphase). Rot: Positiv (p24- und p15-Banden). ADIN, NAIA und SENI werden zweimal angezeigt (vor und nach der Serokonversion), während alle anderen getesteten Luchse (Punkte) nur einmal erscheinen (erster Test). Die grauen Linien zeigen den Bereich des aktuellen Luchsmanagementgebiets an; schwarze Kreise zeigen die relevante alpine Subpopulation (Nordwestliche Alpen, NWA) und die neuere kleine Population in der Nordostschweiz (NO-CH). Jura Nord und Jura Süd beziehen sich auf den schweizerischen Teil der Jura-Luchspopulation.